Care und Psychologie: Die Wichtigkeit der Notfallpsychologie

Care und Psychologie

Ein Überfall? Schwere Erkrankungen? Suizid am Arbeitsplatz? Ausserordentliche Ereignisse erfordern nicht nur unmittelbares und zielgerichtetes Handeln, sondern im Nachgang auch eine intensive Betreuung der Betroffenen. Wir geben einen Überblick über die Notfallpsychologie und erklären, warum diese ein fester Bestandteil der Ereignisbewältigung darstellt.

Die Notfallpsychologie befasst sich als Teilgebiet der Psychologie mit den Auswirkungen von belastenden und traumatisierenden Erfahrungen auf die menschliche Psyche. Schwerwiegende Ereignisse können persönliche Wertauffassungen, das Grundempfinden von Sicherheit, Vorhersehbarkeit und Handhabung erschüttern und eine tiefe Verstörung auslösen. In solchen Momenten besteht das oberste Ziel darin, einen angemessenen Umgang mit den Betroffenen zu finden, um Traumata und Folgestörungen zu verhindern. Von einem traumatischen Ereignis spricht man beispielsweise beim Erleben von tatsächlichem oder drohendem Tod, einer schwerwiegenden Verletzung oder allgemein bei der drohenden Gefahr der körperlichen Unversehrtheit. Dazu gehören schwere Erkrankungen, Terroranschläge, Unfälle, Überfälle oder auch sexuelle Gewalt. Dieses Erleben kann in Form einer direkten Erfahrung, durch Vorfälle im nahen Umfeld (Familie, Freunde etc.) oder durch die wiederholte Konfrontation mit unbehaglichen Situationen stattfinden. Im Gegensatz zur Psychopathologie bzw. Psychiatrie geht die Notfallpsychologie davon aus, dass die Betroffenen psychisch gesunde Menschen sind, die einer Extremsituation ausgesetzt wurden, welche eine mögliche seelische Verletzung verursachen kann. Betroffene können Kinder und Jugendliche, Erwachsene, aber auch professionelle Helfer (z.B. Blaulichtorganisationen) sein.

Eine anspruchsvolle Aufgabe für Experten

Die Betreuung der Betroffenen obliegt Experten wie NotfallpsychologInnen. Sie sind für die interdisziplinäre Krisenintervention nach belastenden Ereignissen verantwortlich, wirken als Teil des Careteams bei schlimmen Ereignissen mit und unterstützen in der Aufarbeitung des Vorfalls mit Betroffenen. Das Ziel der Notfallpsychologie ist, den Betroffenen ein Gefühl der persönlichen Bedeutung, Integrität und Würde zu geben. Es wird Hilfe zur Wiedererlangung des Gefühls der Sicherheit, Kontrolle und Vorhersehbarkeit angeboten. Man spricht in diesem Zusammenhang auch vom Wiederermächtigungsmodell, welches für sämtliche Interventionen als handlungsweisend gilt. Dieses Modell basiert auf der Grundhaltung, dass Menschen im Allgemeinen fähig sind, Krisen oder Extremsituationen zu bewältigen, wenn sie kompetent unterstützt werden. Dabei wird zu Beginn primär auf die Stabilisierung und die Normalisierung des Alltags der Betroffenen abgezielt. Weiter können geschulte NotfallpsychologInnen auch für (präventive) Schulungen und Trainings von Careteams oder Mitglieder von Notfallorganisationen sowie Blaulichtorganisationen unterstützen, um richtiges Handeln in solchen Extremsituationen zu ermöglichen.  

Fast jeder Mensch ist statistisch gesehen einmal im Leben mit einer möglichen traumatischen Erfahrung konfrontiert. Die Auswirkungen auf die menschliche Psyche hängen dabei von zahlreichen Ereignis-, Schutz- und Risikofaktoren sowie der gesellschaftlichen Anerkennung ab. Das Wissen um all diese relevanten Faktoren und die zielorientierte Umsetzung innerhalb der Ereignis- bzw. Krisenintervention zeigt die Wichtigkeit von NotfallpsychologInnen als Akteuren in der Bewältigung auf. Notfallpsychologie ist demnach eine elementare und zugleich auch äusserst anspruchsvolle Aufgabe im Bereich des Notfall- und Krisenmanagements.

Verwendete Quellen:

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